Familienrollen Teil 2
Deine Rolle und die erwachsene Perspektive - Teil 2
Das verlorene Kind und das Maskottchen
In der vorherigen Woche haben wir bereits zwei der vier Hauptrollen betrachtet, die wir als Kinder und im späteren Leben innerhalb einer Familie einnehmen können. Diese Rollen sind Teil der komplexen Familiendynamik, die oft unbemerkt bleibt, aber einen erheblichen Einfluss auf die persönliche Entwicklung hat.
Keine Familie ist perfekt, und unsere Rolle als erwachsener Mensch ist es, die Herausforderungen zu verstehen, denen wir als Kinder gegenüberstanden, Verantwortung für unsere Bedürfnisse zu übernehmen und eine unterstützende Umgebung zu schaffen, in der wir unsere einzigartige Persönlichkeit entfalten können.
Hier sind die vier Hauptrollen, die in einer Familie auftreten können, noch einmal:
1. Familienheld
2. Sündenbock/schwarzes Schaf
3. Das verlorene Kind
4. Maskottchen
3. Das verlorene Kind:
Das "stille", "träumende" oder "unsichtbare" Kind übernimmt oft die Rolle des verlorenen Kindes. Es handelt sich oft um das dritte oder vierte Kind. Diese Kinder neigen dazu, sich zurückzuziehen und unbemerkt zu bleiben. Ihr Motto lautet: "Aus den Augen, aus dem Sinn."
Positive Eigenschaften des Verlorenen Kindes:
Unabhängig, guter Zuhörer, geschickt, einfallsreich, kreativ, guter Beobachter, fantasievoll, nonkonformistisch, genießt Einsamkeit.Herausforderungen des Verlorenen Kindes:
Angst vor der Realität, unentschlossen, geringes Selbstwertgefühl, fühlt sich unsichtbar, traurig, deprimiert, zurückgezogen, schüchtern, einsam, passiv.Innere Gefühle des Verlorenen Kindes:
’Einsamkeit, Verletzung, Wut, Ablehnung, Angst.Verstecktes Gefühl des Verlorenen Kindes:
Unzulänglichkeit.
Deine Erwachsene Perspektive:
Reflektiere deine eigene Erfahrung als verlorenes Kind.
Verbringe Zeit allein, um deine eigenen Gefühle und Gedanken zu erkennen.
Erkenne die kreativen Fähigkeiten an, die du während der Alleinzeit entwickelt hast.
Suche nach Wegen, um deine aktuellen Gefühle auszudrücken.
In einer gesunden Familie kann das verlorene Kind seine Unabhängigkeit entwickeln und kreative Fähigkeiten entfalten, wenn es alleine ist. Eltern können diesem Kind helfen, seine Gefühle zu erkennen und angemessen auszudrücken.
In einer dysfunktionalen Familie, geprägt von der Abwesenheit der Eltern oder konstanten Konflikten, zieht sich das verlorene Kind zurück, um der Realität zu entfliehen. Dies kann dazu führen, dass es Schwierigkeiten hat, soziale Fähigkeiten zu entwickeln und im Erwachsenenalter Beziehungen zu anderen aufzubauen.
Auch diese "Sein"-Rolle hatte in meiner Jugend eine ungesunde Ausprägung. Mit den Herausforderungen eines geistig erkrankten Elternteils konfrontiert, habe ich mich unterbewusst von meinen Empfindungen und Bedürfnissen distanziert, um den Frieden, der bereits nicht mehr gewährleistet werden konnte, wiederherzustellen. In dieser Phase habe ich mich auch in der Schule zu einem Außenseiter entwickelt, der sich mit der Neigung zum schwarzen Schaf dann später draufgängerisch und zynisch gab.
4. Das Maskottchen:
Das Maskottchen, auch als "Mediator" oder "Familienclown" bekannt, wird oft vom jüngsten Kind übernommen. Diese Rolle dient dazu, Spannungen in stressigen Situationen durch Humor zu entkräften.
Positive Eigenschaften des Maskottchens:
Verspielt, fröhlich, aktiv, charmant, Sinn für Humor, süß, friedensstiftend.
Herausforderungen des Maskottchens:
Unreif, destabilisierend, kurze Aufmerksamkeitsspanne, konfus, anfällig für Unfälle, kann Lernschwierigkeiten haben, hyperaktiv.
Innere Gefühle des Maskottchens:
Bedürfnis, die Familie von Problemen abzulenken, Unsicherheit, Furcht.
Versteckte Gefühle des Maskottchens:
Angst, als einfältig wahrgenommen zu werden und nicht ernst genommen zu werden. Mangelndes Selbstwertgefühl und Schuldgefühle werden oft durch Sympathie und Nettigkeit kompensiert.
Deine Erwachsene Perspektive:
In herausfordernden Familien versucht das Maskottchen, durch Humor Spannungen zu brechen und die Familie zu unterhalten. Diese Kinder werden oft zu Erwachsenen, die wegen ihrer Großzügigkeit und ihres großen Herzens geschätzt werden, aber es ist wichtig, als Erwachsener seine eigenen Bedürfnisse zu erkennen und nicht nur für andere da zu sein.
Das waren die geläufigsten Familienrollen
Vielleicht hast du dich in der einen oder anderen Rolle stärker wiedergefunden. Unsere Tendenzen ändern sich je nach Entfaltungs- und Entwicklungsgrad. Wenn du feststellst, dass du gegenwärtig eine gute Balance zwischen den verschiedenen Rollen hast und dass deine "Sein"- und "Tun"-Rolle nahezu identisch sind, steht das für deine Kompetenz, angemessen erwachsen zu agieren und dabei authentisch zu sein.
Du wirst vielleicht schon bemerkt haben, dass es Situationen gibt, in denen unsere alten Muster wieder getriggert werden, sei es im Job, wenn wir mit Autoritätspersonen konfrontiert sind, oder in unserer eigenen Familiendynamik. Diese Situationen existieren, um dir zu zeigen, an welchem Punkt du stehst, und werden als Differenz zwischen deiner ehemaligen Rolle und deinem heutigen Auftreten als deine Entwicklungsspanne erfahren. Es ist also okay, getriggert zu werden.
Du hast die Kontrolle, und du machst das gut.